Gelesen: „Crash“ von Leann Porter

Crash von Leann Porter ist eine düstere Dystopie mit einem tollen Ende, in der es um Freiheit und Selbstbestimmung, Liebe und Vertrauen geht.

Klappentext

Eine atomar verseuchte Welt.
Eine unbarmherzige Zweiklassengesellschaft.
Ein Rebell, der sich auf ein gewagtes Spiel einlässt.

Crash ist ein Outer, ein Verlierer im Regime der Sphere, in der die privilegierten Inners unter einer vor Strahlung geschützten Kuppel leben und die unterdrückten Outers für sich arbeiten lassen. Täglich riskiert er sein Leben bei illegalen Autorennen, um die Medikamente für seinen totkranken Bruder zu finanzieren. Angetrieben wird er von dem Traum, mit seinem Bruder zu den legendären Freien Menschen zu fliehen, die irgendwo außerhalb der Sphere leben sollen.
Ist ausgerechnet sein schärfster Konkurrent, der sein wahres Gesicht verbirgt und nur unter dem Namen Mechaniker bekannt ist, Crashs Schlüssel zur Freiheit?
Das Angebot, das der Mechaniker ihm unterbreitet, ist ebenso verlockend wie gefährlich. Crash nimmt es an und entwickelt im gemeinsamen Kampf gegen eine Intrige ungewollte Gefühle für den arroganten Inner. Kann er dem Mechaniker wirklich vertrauen, oder ist alles, was der ihm versprochen hat, nichts als eine große Lüge, die Crash das Leben kosten wird?

Zum Buch

Perspektive: 3. Person; „Crash“ wird ausschließlich aus der Perspektive von Crash erzählt.

Die Welt ist nach dem „zweiten großen Knall“ atomar verseucht. Crash lebt in einer vor der Strahlung geschützten Zone, der Sphere, die sich in Inners und Outers teilt. Inners sind die priviligierten Oberen mit Zugang zu allem, inklusive guter ärztlicher Versorgung. Outers sind die, die nichts haben. Crash ist ein Outer, der sich sein Geld mit illegalen Autorennen verdient, um für seinen kranken Bruder Medikamente und ein Dach über dem Kopf zu bezahlen. Sein größter Konkurrent ist Der Mechaniker, ein arroganter Outer, der die Rennen nur für den Kick fährt. Und wegen der besseren Wagen auch häufig gewinnt und Crash damit die dringend benötigte Siegerprämie abnimmt.

Doch als ein weiteres Rennen ansteht – dieses mit einem besonders hohen Preisgeld – tritt ausgerechnet Der Mechaniker an Crash heran, um ihn als Fahrer einzustellen. Denn dieses Rennen will er unbedingt gewinnen, und Crash ist der beste Fahrer der Spere. Allein die Vorstellung, mit einem Inner – Marten – zusammenzuarbeiten und nach dessen Pfeife zu tanzen, ist Crash verhasst. Für seinen Bruder nimmt er das Angebot jedoch an.

Womit er im Leben nicht gerechnet hätte, ist, dass dieser verdammte Inner nicht nur der Sohn eines wichtigen Politikers ist, sondern auch abartig attraktiv und bald alle seine Gedanken beherrscht. Und als wäre das noch nicht genug Stress, findet sich Crash bald in einem abartigen Spiel aus Intrigen, Politik und Banden wieder, bei dem er sehr schnell nicht mehr weiß, wem er vertrauen kann – und dessen Preis das Leben seines Bruders ist.

So viel zum Inhalt.

Das Buch ist scheißspannend. So viel vorweg. Ich musste mehrfach Pause machen, um weiterlesen zu können. (Ich bin aber auch empfindlich; also falls du hartgesottener bist, brauchst du vielleicht keine Pausen.) Wer welchen Plan hat – und ob überhaupt – erschloss sich mir genau wie Crash erst ziemlich gegen Schluss.

Ich mochte es total gern, wie Crash und Marten sich langsam näher kommen und sich ineinander verlieben, ohne dass Crash das auch nur vor sich selbst eingestehen wollte. Sehr niedlich, wie er sich immer wieder in Erinnerung ruft, dass Marten ein arroganter Inner ist. Gerne hätte ich die beiden ab und an einfach nur geschüttelt und ihnen gesagt, sie sollen mal den Mund aufmachen und miteinander reden! Leider war es von beiden Seiten auch verständlich, warum sie das nicht getan haben.

Die Beziehung von Crash zu seinem Bruder war auch sehr schön. Er sieht Jamie immer noch als Kind, obwohl der mittlerweile gar nicht mehr so jung ist. Aber Jamie ist ein unheimlich niedlicher Sonnenschein, bei dem dazu kommt, dass er aufgrund seiner Krankheit (Diabetes und Herzfehler) kaum etwas machen kann. Wie sich im Laufe der Geschichte ihre Beziehung weiterentwickelt und langsam mehr auf Augenhöhe kommt, mochte ich auch.

Von der Inner Sphere bekommt man wenig mit, da sich Crash dort nicht aufhält. Aber die verfallenen Ruinen, den Dreck und gleichzeitig die Wildheit und auf eine Art auch die bizarre Schönheit der Outer Sphere sind wunderbar eingefangen. Es gibt immer mal wieder kleine, erschrockene Aufblitzer, wenn Autonamen oder Buchtitel klarmachen, dass „Crash“ in einer möglichen Zukunft unserer Welt spielt.

Die Figuren

Crash ist verschlossen, misstrauisch und ein Einzelgänger. Er könnte Geld verdienen, indem er für die Inners arbeitet, aber alles in ihm sträubt sich, sich denen zu unterwerfen, die in gesundem Luxus leben, während die Outers vor sich hinvegetieren. Das einzige, was er wirklich liebt, sind Jamie und seine Rennen. Bei den illegalen Rennen verdient er Geld auf seine Art und ist frei. Sein Traum ist es, irgendwann genug zu verdienen, um mit Jamie und dem Wagen ihrer toten Eltern die Sphere zu verlassen, um die freien Menschen zu finden. Von denen heißt es, dass sie frei und selbstbestimmt in Eintracht irgendwo an einem wenig kontaminierten Ort leben, ohne die fatale Klassengesellschaft der Sphere.

Marten ist nicht ganz so verschlossen wie Crash, aber ebenfalls ein Einzelgänger. Auch für ihn bedeuten die Rennen Freiheit. Seinen Vater hasst und verachtet er, und seine Pläne bezüglich des Rennens, für das er Crash für sich gewinnt, haben genau damit auch zu tun. Dass er sich in Crash verliebt, stand nicht auf dem Plan.

Die Nebenfiguren sind lebendig, und die meisten liebt (Jamie <3) oder hasst man (Bannister >:( ) mit gutem Grund. Sehr gelungen fand ich besonders Noah: ein Mann, der Kinder bei sich aufnimmt und als Arbeiter an die Inners vermietet, ihnen aber gleichzeitig auch ein Dach über den Kopf, Essen und Schutz gibt. Ein sehr ambivalenter Mann, von dem ich gerne mehr gelesen hätte. Ebenso hätte ich gerne mehr von Martens Schwester gelesen.

Sex & Romance

Es gibt mehrere Sexszenen, aber besonders die eigene Romantik hat mich gefesselt. Es gibt keine Pralinengeschenke und Rosensträuße, kein Wunder. Aber wie romantisch kann es werden, wenn der eine dem anderen den Wagen der Eltern nicht nur zum Fahren, sondern perfekt in Schuss bringt? Oder der andere für den einen sein Leben riskiert? Hach!

Cover

Passt sehr gut, obwohl ich mir sowohl Crash als auch Marten anders vorgestellt habe. Aber der junge misstrauische Mann in Montageoutfit vor der düsteren Kulisse der zerstörten Stadt fängt den die Stimmung des Romans durchaus ein.

Fazit

Eine spannende Dystopie mit einem guten Plot, in den nicht nur eine wunderbare Liebesgeschichte eingewoben ist, sondern auch die Geschichte von Jamie und Crash, zweier unterschiedlicher Brüder, die sich lieben und die zusammenhalten, egal was kommt.

Spoiler hinter dem Cut.

Ich habe den ganzen Roman hindurch um Jamie gebangt. Dass er es nicht überlebt, auf die eine oder andere Art. Aber er hat! Und es geht ihm besser mit Ausblick auf beinahe gesund. *strahl* Überhaupt war das Ende wunderbar. *schmelz* Kann man fast nicht glauben bei einer Dystopie, aber es war wirklich ein richtiges Feel-Good-Ending.

Gelesen: „Der Fluch des Puppenmachers“ von Dahlia von Dohlenburg

Der Fluch des Puppenmachers von Dahlia von Dohlenburg ist wunderschön und poetisch und erzählt die Geschichte einer mysteriösen, großen Liebe, die nicht sein kann.

Puppenmachers Klappentest

Eine verregnete Nacht auf einem Jahrmarkt.
Das düstere Zelt einer Wahrsagerin.
„Der Puppenmacher wird dich holen!“

Es ist Jahre her, dass Ben zum letzten Mal an diese Worte gedacht hatte. Und an das junge Mädchen, dem die Wahrsagerin die Prophezeiung zugeraunt hatte. Das junge Mädchen, das seine erste große Liebe war und dessen Leiche man am nächsten Tag in einem Straßengraben fand.

Die Erinnerungen kommen erst wieder hoch, als er Jamie sieht: eine filigran gearbeitete Porzellanpuppe, die dem Mädchen von damals erschreckend ähnlich sieht. Immer wieder kommt er in den Puppenladen, um Jamie zu sehen und schließlich überzeugt er den Puppenmacher Coppola, ihm die eigentlich unverkäufliche Puppe zu überlassen.

Beim ersten Sonnenuntergang muss Ben schließlich erkennen, dass es sich tatsächlich um keine gewöhnliche Puppe handelt: Jamie erwacht zum Leben. Doch das ist nicht die einzige Überraschung, denn trotz Rüschenkleid und Korkenzieherlocken ist Jamie kein hübsches Mädchen …

Zum Buch

Perspektive: Ich-Perspektive; der Roman wird komplett durch Bens Augen erzählt.

Bens Leben ist … normal. Er hat eine Verlobte, mit der sich wohlfühlt, einen Job, den er nicht hasst. Ein Tag wie der andere. Sein Leben plätschert dahin, bis der Puppenmacher Coppola in die Stadt kommt und Ben bei ihm die lebensgroße, wunderschöne Porzellanpuppe eines Mädchens sieht. Der Anblick reißt traumatische Erinnerungen auf, von denen Ben bisher nicht einmal wusste, dass sie existieren. Sein Leben verändert sich, und das nicht nur, weil die Puppe – Jamie – nachts zum Leben erwacht und kein süßes Mädchen, sondern ein ebenso schöner junger Mann ist.

Mich hat der Klappentext gleich schon in seinen Bann geschlagen, und die ersten Seiten waren so wunderbar poetisch, dass ich den Roman nicht mehr aus der Hand legen mochte. Einmal abgesehen von der schönen Sprache hat mich die Geschichte aber auch schnell fesseln können. Gekonnt webt Dahlia von Dohlenburg die Gegenwart mit der Vergangenheit zu einem wunderschönen Ganzen, das mich in seinen Bann geschlagen hat. Ruhige, sanfte Momente mit Jamie wechseln sich mit mysteriösen Erinnerungsfetzen und Visionen ab und nichts scheint so zu sein, wie es auf den ersten Blick aussieht. Ich habe Seite um Seite verschlungen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, das sich um Jamie, die Puppe und Jamie, das Mädchen rankt, wollte wissen, wie aus den scheinbar verwirrenden Antworten doch noch ein Puzzle werden konnten, wollte wissen, wie die Geschichte ausgeht und ob Jamie und Ben glücklich werden können.

Die Auflösung hat Dahlia von Dohlenburg sicher und gekonnt herbeigeführt, sie hat alle Stränge geschickt verknüpft und mich mit einem wunderbar warmen Gefühl im Bauch zurückgelassen.

Das Buch ist geheimnisvoll, lädt zum Miträtseln ein, verwebt Nostalgie, Romantik, einen Hauch Grusel und etwas Magie zu einem dichten Teppich.

Die Figuren

Ben ist am Anfang ein wirklich durch und durch normaler junger Mann mit einem recht langweiligen und normalen Leben. Seine Verlobung ist eher folgerichtig als von Liebe geprägt, er arbeitet in dem Beruf, den sein Vater ihm besorgt hat und sieht einer Zukunft mit Reihenhaus, weißem Zaun auf grünem Rasen und 1,25 Kindern entgegen. Bis er Jamie begegnet, der sein Leben mehr als nur auf den Kopf stellt. Aus dem grauen Schatten wird ein neugieriger, liebevoller, liebender Mann, der sein Leben hinterfragt und bereit ist, für seine Liebe zu kämpfen.

Jamie ist … süß, weich, naiv, voller Lust am Leben, nachdem er Ben begegnet ist. Und er ist eine Puppe, sobald die Sonne sich erhebt. Eine empfindliche Porzellanpuppe, die ein winziger Kratzer, ein kleiner Sprung vollkommen vernichten und des Lebens berauben kann. Er liebt Ben mit süßer Hingabe, und ich wollte ihn dauernd nehmen und knuddeln und wuddeln. … auch wenn Ben bestimmt etwas dagegen gehabt hätte. 😉

Auch die Nebenfiguren erwachen mit kurzen, prägnanten Strichen zum Leben, die Eltern und die Schwester, die Verlobte … nur mit Coppola, dem Puppenmacher wurde ich nicht wirklich warm, was durchaus an seiner ambivalenten Rolle liegen kann.

Sex & Romance

Es gibt wunderschöne romantische Momente zwischen Ben und Jamie, alle voll sanfter Harmonie, auch wenn sie kurz davor stehen, miteinander zu schlafen. Sie haben Sex, doch es ist nicht wirklich ausgeschrieben, was ganz wunderbar zu diesem poetischen Buch passt.

Cover

Passt. Das Paar sieht nicht so aus, wie ich mir Jamie und Ben vorstelle, aber an schöne schwule Stockphotos heranzukommen, ist eine echte Herausforderung. Die gelockte Schönheit ist Jamie – das Mädchen, der junge Mann, die Puppe.

Fazit

Ich finde „Der Fluch des Puppenmachers“ wirklich schön und rundum gelungen – sowohl von der Geschichte, als auch von der Sprache her. Wer wilde Sexszenen und prickelnde Erotik sucht, wird hier nicht fündig. Wenn du aber Poesie und einen – im wahrsten Sinne des Wortes – traumhaften, traumartigen Stil sucht, sowie eine ungewöhnliche Geschichte, die ein wenig Gothic, ein wenig Fantasy und ein wenig Krimi sowie eine wunderbare Liebesgeschichte vereint, dann kommst du ganz auf deine Kosten.

Minimale Spoiler hinter dem Cut.

Weiterlesen →