Dürfen Frauen „Gay Romance“ schreiben?

Nachdem an mehreren Stellen hochkochte, dass Frauen entweder nicht über Schwule schreiben dürfen oder Gay Romance generell niveau- und anspruchslos ist (von Menschen, die in dem Genre nichts lesen), komme ich nicht umhin, meinen Mund einmal aufzumachen und auch meine Meinung kundzutun. Auf dieuferlosen.de haben Dahlia und ich einen Podcast zum Thema gemacht: Klick!

Der Artikel von Dana Brandt fasst perfekt zusammen, was ich denke. Besser kann ich es nicht ausdrücken. Daher präsentiere ich hier mit freundlicher Genehmigung von Dana:


Schwuler versus Hetera ~ Hetera versus Schwuler

#WirsindKonsorten

#StayGay

#FemaleGayAuthors

Hetera = Bezeichnung für eine heterosexuelle Frau
Na, da hat es aber gescheppert. Und das auch noch so richtig öffentlichkeitswirksam. Der Troll darf sich auf die Schulter klopfen. Wenn es derselbe war, wie einige Tage zuvor, ist es übrigens eine Sie. Sei es drum. Thema ist angepickt. Es gibt mehr als eine/ einer, die/ der so denkt. Es wird Zeit, dass es mal angesprochen wird, denn es ist dem Grunde nach da und kocht im Kleinen wie im Großen immer wieder auf.

Die Frauen und die Schwulen, eine Beziehungsgeschichte und dann noch Gay-Romance

Bitte erschauert in Ehrfurcht. Ich warte eine angemessene Sekunde lang.
Für die anderen: Bitte Geifer in Position bringen und jetzt -> spucken!

Thema heute: Es geht um abgrundtiefen Hass. Frauen, die sich erdreisten, über Männer zu schreiben. Und dann noch über schwule Männer! Wo kämen wir dahin, wenn alle Frauen auf einmal anfingen über schwule Männer zu schreiben?
Keine Ahnung. In die Buchhandlung?
Okay, okay, okay, das Thema ist ernst.

Rudern wir aber ein kleines Stückchen zurück. Sonst wird das nichts. Zu viele Emotionen und davon diejenigen, die einem nicht so gut tun.

Das Thema Frauen und schwule Männer war und ist schon immer ein Besonderes gewesen und doch, ist es in der Grundtendenz dasselbe wie Frauen und Hetero-Männer. Bis zum Anfang meiner Schreiberei habe ich mich mit dem Thema schwule Männer nicht allzu sehr auseinandergesetzt. Es bestand dazu keine Notwendigkeit. Mein aktueller Stand derzeit ist „Beißreflexe“ sowie ein allgemeiner, weltweiter Rollback in Sachen Respekt sowie mehrere Abhandlungen und Sachbücher allgemeiner Art, bei denen es um Geschlechter und Geschlechterbeziehungen geht.
Nicht jeder weiß Bescheid, daher hier ein kleine Abriss sowie ein Rückblick.

Grundsätzlich gibt es zwischen Männer und Frauen eine ambivalente Beziehung und meist geht es um Sex (nicht, dass sie immer welchen gemeinsam haben).
Wenn es nicht gerade der eigene Mann/ die eigene Frau ist, und die Beziehung „sauber“, heißt für beide Seiten läuft es gut, gibt es immer wieder mal kleinere und größere Probleme zwischen beiden, wobei die Sicht darauf jeweils unterschiedlich ist. Nun sollte man meinen, dass das bei Frauen und schwulen Männern anders ist. Ist es aber nicht. Nicht einmal dann, wenn Frauen nicht die recht weitverbreitete Ansicht vertreten, dass schwul nun so gar nicht geht, sondern durchaus gern mit einem schwulen Mann befreunde ist/ wäre (oder mehreren) und schwuler Mann Frauen gegenüber keine offenen Vorurteile pflegte.
Ich weiß, die Statistik faselt was von 86 % der wahlberechtigten Bevölkerung ist für „Die Ehe für alle“, dass heißt die Toleranz und der Respekt in Deutschland müsste gerade alle Rekorde brechen, aber es gibt immer diese Aber und dieses Unbehagen, was sich in einem leicht gehetzten Blick und hochgezogenen Schultern äußert. Wir reden hier schließlich von Identität und die sexuelle Identität ist die Wurzel der meisten Identitätsgebilde. Es geht um das, wie sich Mensch im Inneren, aber vor allen Dingen im Äußeren darstellt.

Die Beziehung Frau und schwuler Mann ist im Übrigen alles andere als neu. Schließlich leben wir nicht in einem Vakuum und Homosexualität ist schon seit den Griechen keine Neuigkeit mehr. Im Deutschen gibt es für Frauen, die mehr oder weniger mit schwulen Männern verkehren, befreundet sind usw. die Bezeichnung Schwulenmutti oder Gabi. Neueren Datums ist Hag Fag oder Girl Fag (mit den dazugehörigen Erklärungsversuchen).
Was auffällt, wenn man sich dem Thema nähert, da ist doch eine gehörige Portion Verachtung drin, ne? Schwulenmutti. Hag Fag. Gabi. (Gaaaabi als ob Frau ihren Namen verliert – naja, tut sie auch. Was soll sie auch damit?)
Sehr übergriffig und alles andere als respektvoll. Selbst dann, wenn man meinen sollte, dass schwuler Mann nichts gegen Frau hat. Doch das ist eher der untere Bereich der Skala von Frauenverachtung und Fraumissachtung. Da gibt es eine phänomenale Steigerung. Diese hat sich dieser Tage Bahn gebrochen. War beeindruckend zu beobachten.

Grund ist das Phänomen der Gay-Romance und der damit ausgelöste Hass über die Deutungshoheit, was „schwul“ ist. Wie ich das immer mache, ziehe ich den Kreis etwas weiter, denn das schärft den Blick.

U.a. aktueller Stein des Anstoßes. Eine Anthologie „Mein schönster Sommer“ – Geschichten zusammengestellt von verschiedenen Autorinnen und Autoren. Hierbei entlud sich erneut, was schon an anderer Stelle beobachtet wurde. Frauen unerwünscht. Aber – Frauen sind das gewohnt. Nur sie sind nicht mehr so geduldig wie früher.

Lesen, ein weibliches Phänomen (Lust). Schreiben, ein männliches Recht (Macht).

Oh, bin ich fies. Da packe ich doch gleich noch zwei Worte in Klammern, bei denen man denkt, was hat denn das mit dem davor zu tun? Das hängt doch gar nicht zusammen!

Es gab eine Zeit, da durften Frauen nur mit männlicher Erlaubnis lesen. Und als sie einigermaßen, aber nur einigermaßen, ohne großes Tamtam lesen durften in gewissen Kreisen, war es nicht nur irritierend, sondern geradezu für die besagte Frau gefährlich, wenn sie auch noch schrieb. Schlimmer, darauf bestand, an eigenen Werken mit eigenen Gedanken zu schreiben. Es gab einige gut besuchte Institute, die Frauen von der Hysterie des Schreibenwollens heilten – mit den Methoden dieser Zeit (Elektroschocks und so). Gleichzeitig stellten Verleger fest, Frauen lasen unglaublich gern. Vor allen Dingen die Damenwelt, die dafür Zeit und das nötige Kleingeld hatte. Gelesen wurden, wen verwundert es, sehr gern Liebesromane.
Keine große Überraschung.
Dabei wurden die Romane fast ausschließlich (Grund siehe oben) von Männern geschrieben, wobei eine Begründung war, dass Frauen nicht über die emotionale Tiefe und Reife verfügten, so etwas wie Liebe überhaupt zu begreifen, geschweige denn zu empfinden. Dafür bedurfte es eines Mannes.
Süß, ne?
Also bestimmte Mann, was Frau las. Macht und Kontrolle über das Lustempfinden der Frau – das übrigens auch nur durch und mit Hilfe des Mannes geweckt werden konnte und durfte, sonst war Frau krank.

Bin ich jetzt zu weit mit dem Thema?

Mitnichte und mitneffen nicht.

Es gibt dieser Tage ebenfalls sehr alte Diskussion darüber, was „gute Literatur“ ist und was einfach nur Trash ist. Schreibt Mann über eine Beziehungskiste, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Roman, so lange es sich nicht um einen Groschenroman handelt, recht wohlwollend oder fachsimpelnd kritisierend im Feuilleton besprochen wird. Wenn Frau und Werk besprochen wird, dann meist auf eine entweder großväterliche Art, eine sexistische oder eine sehr allgemeine Art oder eher gar nicht. Meist gar nicht. Vor allen Dingen keine Beziehungskisten. (Es mag da Bewegung reinkommen, aber das ist ein verdammt behäbiger Zug, der sich da in Bewegung setzt)
Was Mann schreibt, ist durchaus besprechungsfähig sofern er sich nicht allzu unklug anstellt. Was Frau schreibt bekommt gern mal ein „Obwohl sie eine Frau ist …“ angehängt. Von dieser Art „obwohl“-Sicht gibt es ungezählte Varianten.
Egal was Frau tut, sie hat sich am Mann zu messen, wobei er selbstverständlich seine Maßstäbe auf die Sicht der Welt anlegt. Was interessiert da schon der Maßstab der Frauen? (Wie, die können messen? Dürfen das überhaupt? Und können die mit Zahlen umgehen? Sind doch Frauen? Verstehe einer die Weibsbilder.)

Aber ist auch logisch, es so zu machen. Wenn Frau nicht mehr psychiatrisiert werden kann, muss man sich auf andere Strategien verlegen, sonst könnten sie zu ernsthafter Konkurrenz werden und auch noch Ansprüche anmelden. Wo kämen wir da hin? In die Buchhandlung??? (ich weiß, ich bin ein Scherzkeks)

Was sich übrigens bis heute nicht geändert hat, Frau liest. Sie liest und liest und liest. Frauen lesen deutlich mehr als Männer, länger, anspruchsvoller und auch Einhandliteratur. Aber egal. Frauen lesen!
Der Büchermarkt wird von Frauen dominiert, was Lesen anbelangt. Aber immer noch ist es so, dass die meiste im Mainstream verkaufte Literatur von Männern geschrieben wurde. Irgendwer hat dann auch mal geschaut, in welcher Qualität wie welcher Autor bzw. Autorin verkauft wird. Es gibt dabei offenbar einen signifikanten Unterschied in der Ausstattung. Mann kann durchaus darauf hoffen, dass er mal eine Hardcoverausgabe mit Schutzumschlag bekommt, er kann auch auf entsprechende Preise, Auszeichnungen und Preisgelder hoffen. Bei Frau ist im erhöhten Maßstab mittlerweile Selfpublishing, Taschenbuch und bei kleinen Verlagen vertreten – räumen wir halt das Feld von hinten auf.

Mann hat also immer noch die Deutungshoheit über das, was in den Köpfen von Frauen stattfindet. So ganz allgemein und ohne besondere Unterscheidung festgestellt – Ausnahmen gibt es, aber es sind eben Ausnahmen. Im Unterhaltungssektor ebenso wie in allen anderen Bereichen auch.

Das übrigens alles ohne Wertung. Es ist einfach so. Reine Statistik. Weltweit.

Und jetzt kommen wir zu den Frauen und Gay. Es ist lustig. Naja, nicht, wenn man ein schwuler Mann ist und nicht über seinen Schatten springen mag. Sorry. Nicht jeder kann das.

Pixabay Foto von 2780243 (Bearbeitung) – Seifenblasen von rihaij

Gay-Romance –Frauen, die über schwule Männer schreiben – oder wie kommt Frau zu einer guten Wichsvorlage?

Wieder ein Stück zurück.

Gay-Romance. Ich weiß, darüber gibt es bei dem einen oder anderen Leser, der sich nie damit befasst hat, die eine oder andere Irritation. Aber Gay-Romance, genauso wie Slash (m/m -> male/male), Yaoi und Co. sind allesamt keine Geschichten und Bücher für Männer. Nicht mal schwule Männer. Sie dürfen es lesen. Aber es ist nicht für sie gedacht. Nie gedacht gewesen.
Insbesondere in der Reinkultur des Yaoi (stammt aus Japan) wird deutlich, dass es immer Literatur von Frauen für Frauen gewesen ist. Es gibt Autorinnen, die durchaus die Grenzen zur „normalen“ Literatur verwischen, von allen gelesen werden oder treue schwule Leser finden. Aber das ist nie das gewesen, um was es ging. Frauen haben einfach gesagt: Wir wollen Spaß, wir suchen uns ein Sujet, was nicht von wem auch immer dominiert wird und wir nehmen das, was uns in den Sinn kommt.
Warum auch immer, es wurden schwule Männer. Darüber ist viel erzählt, viel aufgeschriebenen, viel begründet worden und was weiß ich. Die Gründe sind jedoch selten so eindimensional, wie meist eruiert.

Wenn man sich das mit den Girl Fags auf der Wikipedia durchliest, gibt es jetzt sogar eine biologische Erklärung, warum Frau sich zu schwulen Männern hingezogen fühlt. Es sind ungeoutete Transmänner, die schwul sind. Geschenkt.
Jeder darf in die Schublade, die er mag. Aber, niemand hat das Recht, jemanden in eine Schublade zu stecken.

Die Gründe, warum Frau gay schreibt, sind immer bei ihr zu suchen und es gibt da die eine oder andere Haupterklärung, die sich durchaus wiederholen kann und dann auch wieder Erklärungen, auf die man niemals gekommen wäre, selbst wenn man lange darüber nachgedacht hätte.

Was jedoch nicht stimmt, wie dieser Tage behauptet wurde, dass alle Frauen, die Gay-Romance schreiben, hetero seien. Da keiner eine Untersuchung angestellt hat und ich ehrlich gesagt auch das Recht zur Untersuchung in Abrede stelle, weil nicht alles gemessen und verstanden werden muss, kann niemand genau sagen, was für Frauen es genau sind und ob es da einen gemeinsamen Nenner bei der Sexualität gibt, außer dass sie offensichtlich Frauen sind. Oder doch nicht? Mhm, das Leben ist echt kompliziert.

Fakt ist, dass es im Bereich Gay-Romance aufgrund der Historie heraus mehr Frauen gibt, die in dem Bereich schreiben als vielleicht von Außenstehenden gedacht. Und es sind nicht die Anzahl schwuler und damit männlicher Autoren und Leser, die man stattdessen annehmen wollte.

Und, ist das jetzt alles eine Wichsvorlage für Hetero-Frauen?

Die Frage kann man sich allein beantworten. Siehe oben über die sexuelle Ausrichtung der Frauen. Erster Punkt.
Das gleiche gilt für die Leserinnen und Leser. Völlig uninteressant. Zweiter Punkt.
Und ob es Wichsvorlagen sind, kann sich jeder selbst ansehen. Es gibt eine erkleckliche Anzahl von Romanen, die im Schwerpunkt Sex haben. Und es gibt eine Menge Romane, die das nicht haben. Die Qualität ist recht unterschiedlich, aber die jeweiligen Ansprüche der Leser sind es ebenfalls. Mal möchte man was Leichtes, mal was Schweres, mal was Nachdenkliches, mal was zum Lachen. Völlig legitim. Wir reden von Unterhaltungsliteratur, die die Emotionen der Leser aufgreift und ihnen einen Resonanzboden gibt. Das passt schon so. Und damit ist hier an der Stelle das Gelände zu ende.

Frau darf ohne Erlaubnis des Mannes auch ohne Mann Spaß haben. Frauen, die für Frauen schreiben, ohne sich um die Definition, was gut oder schlecht ist, irgendeine Waffel zu machen <- ebenfalls erlaubt. Mann ist an der Stelle raus. Er darf aber, da sind wir großzügig, mitlesen und mitschreiben.

Ich hoffe, die die es richtig verstehen, die Ironie herauslesen, still und leise und mit einem Grinsen in sich ruhen, und der Rest unter der Deckenlampe kreiselt. Ich mag den Anblick.

Die Lufthoheit über die schwule Literatur und das Bild des schwulen Mannes – geprägt durch die bösen Gay-Romance-Frauen

Uno momento, ich muss mich mal kurz schämen.

Okay, erledigt.

Ich habs nicht so mit Buße. Ging also schnell.

Was man nicht kennt, das soll man nicht schreiben!

Alter Grundsatz. Wie das so ist mit Grundsätzen, du kannst sie beachten oder du kannst sie anschauen, auf den Kopf stellen, an den Rändern knabbern, mit dem Hammer draufschlagen, ins Feuer werfen oder begraben. Wenn dir noch mehr einfällt, auch das ist sicherlich machbar.
Denn, würde man diesen Grundsatz in der Literatur ernstnehmen, dann würde Romane im SciFi-Genre, im Fantasy-Bereich, Märchen usw. nicht existieren.

Zudem dürften Romane, die sich Krimi nennen durch die Bank weg nur von entsprechenden Fachkräften geschrieben werden. Also entweder Polizisten oder Mördern oder anderen in dieses Metier Involvierte.

Zu sagen, dass Frauen nicht über Männer (dieser Vorwurf wird auch erhoben) und erst recht nicht über Gay schreiben dürften, ist erst einmal an den Haaren herbeigezogen. Rein faktisch. Zudem sich Männer nicht davon abhalten lassen, über Frauen zu schreiben. Auch als Wichsvorlagen. Reichlich. Da war letztens was mit einer Jagd auf Frauen auf einer Insel. Da gings aber ab. Holla die Waldfee. Da reichte schon die Leseprobe für ausreichendes Kopfschütteln. Mann hatte seinen ausgesprochenen Spaß.

Nur, Frau darf nicht über Männer schreiben. Und jetzt trampeln alle ganz doll mit ihrem Fuß auf und schauen richtig wütend.
Und das hat einen einfachen Grund. Frau ist einfach nicht fähig, sich in die Gefühlswelt von Männern und vor allen Dingen von schwulen Männern einzudenken. Darüber zu recherchieren, zu reflektieren. DAS IST EINFACH NICHT MÖGLICH!

Alles gut?

Wie oben ausgeführt, ist eine bloße Behauptung und geht mit derselben Schiene, wie Männer sich wirklich erdreisten, über Frauen schreiben. Doch darum geht es nicht. Es geht um Deutungshoheiten. Wer sagt was über wen und gibt welches Bild zum Besten. Es geht um gesellschaftliche Stellung und es geht darum, das eigene Bild sauber zu halten (Frauen bedürfen da keiner besonderer Bildpflege. Das ist klar geregelt – Klappe halten, Beine breit – ähm Mund auf!).
Wenn man schon Probleme hat, sich voll und ganz männlicher Privilegien zu erfreuen, dann sollte man wenigstens etwas Besonderes sein und darüber möchte man genau Bescheid wissen und genau sagen, so ist es und nicht anders. Frau hat da gefälligst zu schweigen.

Oder gibt es da andere Gründe?

Sei es wie es sei. Mein Eindruck der letzten Jahre ist eine verstärkte Wagenburgmentalität. Nicht nur nach außen hin zu Frauen und Hetero-Männern sondern auch gegenüber den eigenen Reihen. Denn die werden nämlich gerade geschlossen. Alles, was nicht – oder vermeintlich nicht –der Sache dient, darf damit rechnen, aussortiert zu werden.
Dass lesbische Frauen schon gegenüber schwulen Männern auf keinen grünen Zweig kommen, ist fast schon eine Binsenweisheit. Da fehlt nur noch der Spruch, dass Frau mal kräftig durchgepimpert werden müsste, dann würde sie automatisch wieder Hetero werde. Übergriffe, auch sexueller Art, von schwulen Männer, es gibt Frauen, die davon einiges erzählen können und es mittlerweile auch tun, sind keine Seltenheit. Schwule Männer, die nicht ins Bild passen, haben ganz sicher auch mit Repressionen aus den eigenen Reihen zu rechnen und das nicht zu knapp.

Da mir die komplette Innenansicht fehlt und nur immer das erkennbar ist, was sich wie eine Eruption aufbricht, ist ein Teil Vermutung. Aber Mensch ist Mensch und in seiner Grundstruktur sowie ins einen Gruppendynamiken berechenbar. Auch der schwule Mann.
Die Verachtung von Transmännern, von Queens, von Crossdressern, Genderfluids usw. von Seiten der schwulen Community dürfte in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben, wenn dies nach draußen dringt und dringen kann. Wahrscheinlich fliegen Worte wie „echte Schwule“ durch die Gegend. Das passt übrigens ins Bild. Es gibt einen Begriff dafür, wenn man Ressentiments von der Gruppe übernimmt, die einen spüren lässt, dass man gesellschaftlicher Müll ist, um wiederum eine Hierarchie innerhalb der eigene Gruppe aufzubauen, Leute auszusperren und zu drangsalieren, um das eigene Ego aufzupolieren, das arg gelitten hat.

Dazu passt auch, dass man gegen Frauen vorgeht, ob nun hetero oder nicht (aber es würde doch so schön ins Bild passen – mimimiii), die ein Bild über den schwulen Mann nach außen hin tragen, das nicht so in den Kragen passt, den man gern hätte. Da kommen Aggressionen und Frust hoch.

Das Problem jedoch sind nicht die Frauen und sind es nie (in Summe) gewesen.

Gedanken …

Es gibt zwei Sorte Menschen auf dieser Welt: Mütter und ihre Kinder.
Ich weiß, die Väter gehen gerade an die Decke. Aber letztlich sind wir das alle. Wir sind die Kinder von Müttern.

Eine doch recht große Anzahl von Frauen lesen Gay-Romance und es gibt eine steigende Nachfrage. Manchmal stagniert es, in der Tendenz ist es steigend. Ich denke, den wenigsten ist bewusst, was Frauen in der Form für die Gesellschaft leisten. Aber das ist recht häufig der Fall. Von daher, Schwamm drüber.

Es gibt eine Untersuchung darüber, wie die Unterhaltungsindustrie, vor allen Dingen der Film, aber auch das Buch, die Haltung und die Entwicklung von Gesellschaften beeinflusst und auf welche Weise. Ein Einfluss ist Mode. Insbesondere, was Frauen tragen. Angefangen davon, wie kurz der Rock und wie knapp der Bikini war bis das, was Frauen heute tragen. Aber auch militärisch. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die militärische Grundeinstellung der Gesellschaft durch entsprechend Filme zumindest erleichtert werden kann und wenn das Militär der Held gegen Außerirdische ist, dürfte es auch nicht schwer sein, den Etat zu erhöhen, ne?

Ein Buch über eine schwarze Frau und ihr Schicksal. Es sorgte für Empörung. Die Bibel, das Buch schlechthin und der Einfluss ist bis heute spürbar.

Filme und Bücher geben den Menschen Schablonen innerhalb derer sie sich bewegen können. Es ist ein Vorschlag. Sie können auch mixen mit anderen Schablonen.

Gay-Romance wird von Frauen gelesen, die Mütter, Töchter, Schwestern, Schwägerinnen sind und die durchaus Blaupausen für mögliche Varianten von eigenen Verhalten bekommen. Und wenn es das ist: Ich will nicht so bescheuert sein wie die Eltern von meinem Lieblingscharakter in Buch xyz.

Natürlich, man kann sagen, dass Gay-Romance das heroische Bild des schwulen Mannes verwässert, der in schwulen Nachtclubs was auch immer tut und einsam und allein seinen Mann steht und entweder sehr treu oder sehr hedonistisch ist.

Aber na und? Es gibt dafür aber Frauen, die nicht überlegen, ob sie ihrem Sohn ein Fleischermesser in die Brust zu jagen, weil er schwul ist. Ich glaube, das ist eine Leistung, oder? Siehe Tschetschenien. Gay-Romance sorgt auf seine Art für ein Klima von Toleranz und Miteinander, das wahrscheinlich nur belächelt und nicht ernst genommen wird. Im Gegenteil, wie oben ausgeführt, muss Frau sich rechtfertigen und der Deutungshoheit Dritter unterwerfen, um Anerkennung zu finden – oder wenigstens Ignoranz.

Frauen sollten sich da raushalten, denn sie unterdrücken mit ihrem Kitsch schwule, echte Literatur von echten, schwulen Autoren. Schwule Autoren würden sich ja gar nicht mehr trauen zu schreiben wegen diesem weichgespülten Romantik-Kitsch und dieser aggressiven romantikverseuchten Frauen, die Heterosex haben!!!!^11!!!1

Drehen wir doch mal den Spieß um!

Eine Buchhandlung geht pleite. Eine Buchhandlung mit schwuler Literatur für die Schwulen. Wieso?

Kann ich sagen, habe ich schon gesagt: Frauen lesen. Frauen lesen unglaublich viel. Männer gehen in eine DVD-Leihe oder streamen sich Einhandfilme. Nicht, dass die Literatur der entsprechender Verlage schwuler Literatur stets und ständig hochwertigste Schwulenliteratur aufgelegt hätten, um Mann vor Langeweile gähnen zu lassen. Es gab und gibt mehr als genug Pornos im Leseformat.
Es hat trotzdem nicht gereicht, um Mann bei der Stange zu halten. Er will es in Bildform. Leicht bekömmlich. Gut zu verwerten. Ohne nennenswerte Anstrengung. Sehen, konsumieren, Hand anlegen. Fertig.*)
Soviel zum Thema Wichsvorlagen.

Wenn die schwule Community Wert auf schwule Literatur legt, dann soll sie sie schreiben. Es hindert sie niemand daran. Der einzige Grund, warum es so verdammt schwer ist, als schwuler Autor beim schwulen Publikum Fuß zu fassen, ist, dass schwule Literatur nicht von genug Männern gelesen wird, damit es sich wirtschaftlich lohnt. Schwule Literatur – und jetzt kommt der Joke – wird von Frauen gelesen.

In diesem Sinne in diesem Theater. Man sieht sich.

*) Mir klar, dass Männer nicht nur das lesen, wenn sie lesen. Ich habe zwei lesende Männer in der Familie. Und es gibt einige bei Facebook, die bekennende Leser sind. Doch wenn Facebook einen Durchschnitt darstellt, dann sind die Frauen in der Mehrzahl.

Hinweis: Sollte jemand fragen, ob ich sauer bin … Hey … ich bin doch nicht sauer. Ich bin nur bewaffnet.

Artikel von Dana Brandt